Eduard Lühr

Am 21.11.1892 erschien folgende Anzeige in der Rostocker Zeitung:
„Rostock, 15.11.1892
Hiedurch die ergebene Anzeige, daß ich mit dem heutigen Tage mein seit 25 Jahren bestehendes photographisches Geschäft an Herrn Eduard Lühr, z.Z. in Lüneburg, abgetreten habe.
Indem ich meinen Herrn Nachfolger, der in den ersten Ateliers von Wien, München, Hamburg und Berlin mit Erfolg thätig gewesen ist, hiermit bestens empfehle, bemerke ich zugleich, daß das Atelier renovirt und nach den Prinzipien der Neuzeit eingerichtet ist. In Verbindung und Anwendung feinster Instrumente wird das Atelier den höchsten Ansprüchen genügen.
Best, Großherzogl. Hofphotograph.
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Unter Bezugnahme auf Obiges erlaube ich mir ganz ergebenst mein photographisches Geschäft Blutstraße 14 angelegentlichst zu empfehlen, versichernd, unter angemessener Preisnotirung das Beste in der Photographie liefern zu wollen.
Alle Neuheiten, als: Platina-Bilder, Vergrößerungen auf Bromsilber-Papier, Aristo- u. Celloïdin-Papier, Colorits in Oel, Pastell und Aquarell kommen in eigener Ausführung zur Lieferung. Indem ich mich dem verehrl. Publikum Rostocks und Umgebung bestens empfehle, zeichne
Hochachtungsvoll
Eduard Lühr, Photograph u. Maler.“
Kannten die Leser der Rostocker Zeitung im Jahr 1892 die Unterschiede zwischen Platina-, Bromsilber- und Aristo-Papieren und wussten sie, ob diese Papiere wirklich Neuheiten waren?
Zu den Platino-Bildern waren zehn Jahre zuvor, 1882, Studien von Giuseppe Pizzighelli und Arthur Freiherr von Hübl veröffentlicht worden.
Noch älter ist das Bromsilbergelantine-Verfahren. 1871 gab der englische Arzt Dr. Maddox eine Anleitung zur Herstellung von Bromsilbergelantinetrockenplatten bekannt. Im Jahr 1879 begann die fabrikatorische Produktion von Bromsilbergelantinetrockenplatten. In den 1890er Jahren war die Anwendung weitverbreitet. Aristo- oder auch Chlorsilbergelantinepapiere waren seit 1884, Celloïdin- oder auch Chlorsilberkollodium-Papiere bereits ab 1868 im Handel. Sie lösten in den 1890er Jahren die Vorherrschaft der Albuminpapiere ab. Auch das Kolorieren von Fotografieren war keine Neuheit. Neuheiten? … Verbuchen wir das Ganze unter Werbespruch.

Lühr fotografierte nicht nur, er handelte auch mit Fotoapparaten und bot sich sogar an, gratis Unterricht zu erteilen. Es steht zu vermuten, dass sich Lühr mit dieser Geschäftsidee unter den Berufskollegen nicht nur Freunde machte. Die vermeintliche Konkurrenz der Fotoamateure und Dilettanten für die Berufsfotografen war in den 1890er Jahren in der Fachpresse ein ausführlich und kontrovers diskutiertes Thema.
luehr-ra-1892-12-15Rostocker Anzeiger, 15.12.1892

Eduard Lühr kam wie der in Rostock deutlich bekanntere Raphael Peters auch aus Lüneburg. Ob Peters ihn nach Rostock holte, ist nicht überliefert.
Einige Aufnahmen aus der kurzen Rostocker Zeit von Lühr haben sich erhalten.

                          © für diese Aufnahme: Bernd Wollschläger, Ludwigslust
Die Aufnahme stammt von Dezember 1893. Was haben die Mützen zu bedeuten? Auf der Rückseite der Fotografie findet sich das Kürzel R.T.C., was wohl für Rostocker Tennis Club steht. Wurde 1893 mit Käppi Tennis gespielt?
luehr-jordan-frau-2-cdv-Kopie

Im Jahr 1894 zog Lühr zurück nach Lüneburg. Noch eine Weile nutzte er die Untersatzkartons aus der Rostocker Zeit weiter und ließ die neue Anschrift eindrucken (rechts neben dem Namenszug auf der Vorderseite).
luehr-paar-rostock-lueneburg-cdv-Kopie
In Lüneburg betrieb der Sohn eines Sattlermeisters mit seinem Bruder Friedrich Wilhelm Ferdinand spätestens ab 1879 ein Atelier Auf der Altstadt 48.                              Anzeige im Lüneburger Adressbuch 1883

                              Visitporträt, leicht koloriert

Nach dem Umzug Eduards nach Rostock (und wohl auch nach dessen Rückkehr) führte der Bruder Wilhelm das Atelier bis 1902 allein weiter, handelte anschließend zwei Jahre mit photographischen Apparaten und Bedarfsartikeln, um ab 1905 als Hausmakler tätig zu werden. Das Atelier übernahm Anna Koch.                            CDV von Wilhelm Lühr, leicht beschnitten
                              … und die Rückseite

                             CDV von Anna Koch im Pokornyformat
Eduard Lühr führte nach seiner Rückkehr aus Rostock von 1895 bis 1900 eine Photographische Manufactur An den Brodbänken 5.                              Anzeige im Lüneburger Adreßbuch 1896

                              Mondscheinkarte von Eduard Lühr

Postkartenmotiv. Links zu lesen: „Eduard Lühr. Lüneburg“ In beide Ansichten des Hauses von Schäfer Ast ist in den Baumstämmen als Copyright eingebracht: „Gebr. Lühr, Lüneburg 1894“.


                         Lüneburg. Alte Giebel Am Sande. Fotografie von 1895

Ab 1903 betrieb Hermann Schröder das Atelier.

Noch heute ist an der großen Glasfront zu erkennen, dass das Haus Brodbänken 5 einmal ein Fotoatelier war.

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