Auf dieser Seite werde ich in unregelmäßigen Abständen kurze Artikel einstellen, den neuesten immer am Anfang.
Der Gasthof in Malk
Die Karte aus Malk bei Eldena zeigt den Gasthof zur Friedrich-Franz-Halle. Abbildungen dieser Art mit einer Außenansicht des Gasthofes, mit Personal, Gästen, Fahrrädern und Pferden sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts recht geläufig. Besonders ist die Karte deshalb, weil einige der abgebildeten Personen handschriftlich benannt sind. Liest man den Text auf der Rückseite, so erfährt man, dass eine Marga die Urheberin der Beschriftungen ist. Sie schreibt: „Liebe Else! Ich bin hier gut angekommen. Die besten Grüße von meinen Eltern, Mathilde, Herta, Ida, Elli, Olli. Tilli steht am Rad, ich bei den Pferden, Käthe rechts, Hertha in der Mitte, es ist eine Aufnahme aus dem vorigen Jahr. Nun viele Grüße von deiner Marga.“
Die Karte wurde 1909 befördert, folglich stammt die Aufnahme von 1908. Die Kartenschreiberin ist Margarethe Cruel (*1888), Tochter von Heinrich und Ida Cruel. Heinrich Cruel (*1864) erlernte in Lübeck bei seinem Vater den Beruf des Zieglers. Dort heiratete er 1886 Ida Struss (*1864). Bis in die 1890er Jahre war Heinrich Cruel als Ziegler tätig, erst in Lübeck, dann im nahen Groß Schenkenberg. Spätestens ab dem Jahr 1900 führte die Familie den Gasthof in Malk. Der Vater arbeitete noch einige Zeit nebenher als Ziegler in Malliß. Die Kinder kamen zwischen 1886 und 1902 zur Welt. Sie wirken auf der Karte fast alle deutlich älter als sie sind. So war die Briefschreiberin zur Zeit der Aufnahme 20 Jahre jung, Käthe 17, Tilli 22 Jahre. Neben den benannten sieben Mädchen, hatte das Paar noch drei weitere Kinder, zwei Söhne und eine Tochter. Sie starben innerhalb weniger Wochen Anfang des Jahres 1901.
Aufgenommen wurde das Motiv von Karl Schmidt (*1874 †1945). Er war ca. von den 1890er Jahren bis ca. 1910 Fotograf in Grabow. Den Schriftzug am Gasthaus hat Karl Schmidt vermutlich ins Negativ gemalt oder zumindest stark nachgebessert, wobei es qualitativ nicht besser wurde und der Name des Inhabers ist auch fehlerhaft. Es sei ihm verziehen. Schmidts Nachfolger in Grabow war Max Flügge. Er verlegte dasselbe Motiv unter eigenem Namen. Die Vignette ist neu und auch für den Himmel nahm Flügge eine neue Vorlage, aber das Original von Schmidt ist unverkennbar:
Das Wendländer Schild im Schein einer Diskokugel
Im Nachlass eines ehemaligen Beschäftigten des Rostocker Elektrizitätswerkes fanden sich einige Fotos von der Rostocker Lichtwoche 1929. Eines davon ist besonders zeigenswert.
Rückseitig findet sich ein Stempel des Elektrizitätswerkes:
Einen Hinweis auf den Fotografen gibt es nicht, aus dem Zusammenhang des Konvolutes kann angenommen werden, dass Fritz Palm auf den Auslöser gedrückt hat.
Das Foto wurde von der Viergelindenbrücke in Richtung Nikolaikirche aufgenommen, die im Hintergrund zu erkennen ist. Im Vordergrund links einige Giebelhäuser am Wendländer Schilde und rechts ein Haus, das auf dem damals noch bebauten schildartigen Platz steht. Das Haus wurde zur Mühlenstraße gezählt, im Oberlicht der Hauseingangstür ist die Hausnummer 14 zu erkennen. Dort betrieb die Ingenieursfamilie Meincke das Mecklenburgische Elektromotorenwerk. Auch die beiden dahinterliegenden Häuser gehörten den Meinckes. Links am ersten Giebelhaus ist die Aufschrift Producten-Geschäft zu erkennen, welches zu dieser Zeit von Arthur Gimpel betrieben wurde. Auf der Fassade des Hauses der Meinckes zeichnen sich Lichtkreise ab. Wenn man genau hinsieht, ist vor dem rechten oberen Fenster eine Spiegelkugel zu erkennen, in heutigen Zeiten eher als Diskokugel bekannt. In den 1920er Jahren hatte die Spiegelkugel die Berliner Tanzpaläste erobert und wurde auch in Filmen („Der blaue Engel“) eingesetzt. Insofern lag Rostock im Trend.
Auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass die gestrichelten Lichtkreise dem Retuschierpinsel des Fotografen zu „verdanken“ sind. Wahrscheinlich war es damals technisch nicht möglich, die bewegten Lichtpunkte der Diskokugel mit einer Kamera einzufangen.
Drei Häuser in der Steintor-Vorstadt
Das obige Foto habe ich günstig erworben. Das 9×6 cm kleine Bild soll in Rostock aufgenommen worden sein. Aber wo?
Bei entsprechender Vergrößerung lassen sich die Hausnummern 4 auf dem Haus links und 5 auf dem Haus in der Mitte erkennen. Unter der Hausnummer 4 ist noch ein Firmenschild zu erkennen. Es ist zu vermuten, dass der Nachname des Inhabers der Firma mit Sch beginnt. Zeitlich sind wir wohl Mitte der 1930er Jahre, auf dem Balkon weht ein Hakenkreuzfähnchen.
Im Rostocker Adressbuch von 1932 finden sich auf 28 Seiten Einwohner, deren Nachnamen mit Sch beginnen. Ungefähr 30 dieser Einwohner wohnen in einer Hausnummer 4.
Nach Abzug der Berufsgruppen, die wohl kein Firmenschild am Haus anbringen würden und in Anbetracht dessen, dass die abgebildeten Häuser wahrscheinlich in der Steintor-Vorstadt zu suchen sind, blieben dann doch nur zwei Kandidaten übrig: Richard Schröder, Schiffsreeder, wohnhaft in der Moltkestraße 4 (heute Thomas-Mann-Straße) und Dr. med. Fritz Schubert, Facharzt für Haut- und Blasenleiden, wohnhaft in der Prinz-Friedrich-Karl-Straße 4 (heute Wielandstraße). In der Thomas-Mann-Straße stehen die alten Häuser noch, allerdings konnte keine Ähnlichkeit festgestellt werden, dafür passt die Wielandstraße, die Nummern 5 und 6 sind wiederzuerkennen, die Nr. 4 ist so schlampig saniert worden, dass man das Haus für einen Neubau halten könnte.
Eine Ansichtskarte der Rostocker Gartenstadt
Unter den tausenden Ansichtskartenmotiven von Rostock finden sich wohl nur sehr wenige von der Gartenstadt. Ich kenne nur die folgende Karte:
Die Karte wurde in den 1930er Jahren befördert. Mit etwas Aufwand lassen sich noch heute die Häuser auf der mehr als 80 Jahre alten Aufnahme identifizieren.
Dieses Bild zeigt die Westseite des Meisenwegs von der Rückseite, aus Richtung Asternweg fotografiert. Am mit dem Pfeil markierten Haus zweigt der Blumenweg ab.
Auch dieses Bild zeigt den Meisenweg, rechts das Haus steht an der Ecke Am Waldessaum.
Hier blicken wir entlang des Trotzenburger Wegs. Rechts liegt das Volksstadion. Die nächste und letzte Aufnahme ist wahrscheinlich gleich aus der Nähe gemacht worden, wir sind wohl Am Waldessaum.
Familie Boeck. Ein Visitporträt von George Hornemann
Ein Familienfoto im Visitformat, aufgenommen von George Hornemann, Blücherstraße 13. Im Jahr 1867 war er mit seinem Atelier vom Hopfenmarkt 13 in die Blücherstraße 13 umgezogen. Als „Aufnahmestudio“ nutzte Hornemann wahrscheinlich ein Glashaus im Hof.
Auf der Rückseite des Familienbildnisses ist zu lesen: „Familie Boeck“. Aufgrund der Kleidermode lässt sich auf ein Aufnahme um 1870 schließen. Und tatsächlich – in der Volkszählungsliste von 1867 findet sich die passende Familie Boeck. Der Haushaltsvorstand ist August Boeck, geb. 1837 in Kröpelin. Die Gattin, Jahrgang 1839, heißt Dorette, ebenso das ältere Mädchen links im Bild, geb. 1864. Der Junge heißt folgerichtig August, geb. 1865, und das Mädchen auf dem Schoß Josephine, geb. 1866. Anhand der Daten kann man wohl sicher sein, dass die Aufnahme 1869-1870 entstand. August Boeck war Kaufmann und Inhaber einer Material-Waaren- und Butter-Handlung, Essig- und Spriet-Fabrik am Hopfenmarkt 20.
Und zur besseren Orientierung:
Bereits 1883 verstarb August Boeck. Für wenige Jahre betrieb Dorette Boeck die Firma, bevor Ende der 1880er der Junior übernahm. Neben der Fabrikation von Essig wurde nun mit Colonialwaaren und Saaten gehandelt, außerdem agierte August Boeck junior als Agent der Mecklenburg Strelitzschen Hypothekenbank. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde mit künstlichen Dünger und Futterstoffen gehandelt. August Boeck jr. war verheiratet und Vater zweier Töchter. Im Jahr 1915 verstarb er.
Am selben Tag findet sich auch diese Annonce im Rostocker Anzeiger:Wann und ob die Ehefrau Alice Boeck das Geschäft wieder öffnete, ist ungewiss. Zum Ende des Jahrzehnts verkaufte sie die Firma an den Kaufmann Otto Schönrock, der den Firmensitz in die Lange Straße verlegte. Auch das Haus am Hopfenmarkt wurde veräußert.
Dorette Boeck war im Jahr 1907 verstorben. Dorette junior heiratete den Gymnasialprofessor Dr. phil Carl Rieck und verstarb 1936 in Rostock. Josephine blieb ledig und in Rostock und lebte bis 1931.